Die Schneidarbeiten sind die ersten qualitativen Massnahmen oder anders gesagt, mit dem Rebschnitt legen wir den Grundstein für das Rebenjahr. Es wird auch von Rebenerziehung gesprochen, wir erziehen also die Reben.
Diverse Eigenschaften können, wenn die Rebstöcke keine Blätter mehr tragen, aus dem Altholz gelesen werden. So werden die verschieden dicken Schosse sichtbar. So zeigen die dünnen eine Überforderung an und die zu dicken eine Unterforderung. Anders ist es bei einer krummen Wuchsform der Triebe, da ist eher der Winzer Schuld, weil die Triebe ungenügend eingefädelt wurden – ohne jetzt eine Schuldzuweisung machen zu wollen. Wenn die mittleren Triebe auf der Tragerute verkümmert sind, zeugt das von einer Überforderung – dieser Rebstock hat letztes Jahr schlicht zu viele Trauben getragen. Hier wird dann von einer Wuchsdepression gesprochen.



Beim Schneiden kann nicht viel falsch gemacht werden. Obwohl ganz sicher bin ich mir bei dieser Aussage nicht. Denn ein Schnitt zu viel und wir haben keine Möglichkeit mehr auf eine anständige Tragerute. Wenn das zu oft passiert ist der Ertrag (zu) stark reduziert. Da bleibt dann nur noch die Hoffnung auf schlafende Augen.
Es ist die Philosophie des Rebenmeisters wie die Reben geschnitten werden. Auch der Zeitpunkt ist die alleinige Entscheidung des Rebenmeisters, denn der ideale Zeitpunkt gibt es nicht. Ganz egal ist es doch nicht, bei Regen zu schneiden ist suboptimal, da die Pilzsporen zusätzlich verspritzt werden. Und es schlicht weniger Spass macht.
Die Rebe ist eine geduldige Pflanze und verzeiht einem auch viel – schon fast wie ein Unkraut.
Bei uns schauen wir, dass die Rebstöcke alle in etwas auf derselben Höhe sind, dass wir möglichst zwei Strecker (Tragruten) machen können, aber auch ein Zäpfchen (auf zwei Augen) anschneiden, dass aus diesem für nächstes Jahr eine passende Tragerute wächst


Mit der Höhe der Rebstöcke ist so eine Sache. Früher wurde bei uns nicht so viel Augenmerk auf die Wuchshöhe des Rebenstammes gelegt, somit haben gewisse Rebstöcke eine Überhöhe. Deshalb werden in diesem Jahr besonders viele Rebstöcke in der Höhe eingekürzt – 40 an der Zahl.
Schliesslich soll auch das Gleichgewicht zwischen Rebenstamm und Fruchtruten erhalten bleiben. Der Rebenstamm ist wichtig als Einlagerungsort von Nährstoffen für die aktuelle und nächste Saison. Deshalb darf dieser auch nicht zu kurz sein. Aber mit der Höhe des Rebenstamms nimmt angeblich die Säure der Beeren zu. Je höher der Rebenstamm umso weniger allfällig ist der Rebstock auf Pilzerkrankungen (weiter vom feuchten Boden entfernt). Es gilt also auch da eine Balance zu finden und auf die Situation im Rebberg zu achten.
Die Schneidarbeiten haben wir am 26. Januar 2019 begonnen und bereits Mitte Februar 2019 abgeschlossen. Es war für mich ein Ziel die Rebstöcke Mitte Februar 2019 geschnitten zu haben. Die schneidarbeiten über sehr lange Zeit hinauszuzögern nicht so toll. Da ich mich doch beim erneuten Anlauf wieder in die Situation ein denken muss und wenn ich dran bleibe, kommt sozusagen Routine auf.
Es ist für mich persönlich nebst dem Herbsten einer meiner liebsten Aufgaben. Vielleicht für mich dann das neue Rebenjahr beginnt. Das alte lässt man mit dem Abschneiden zurück und freut sich auf ein neues, besseres? schlechteres? ertragreiches? einfacheres? – ich weiss es nicht, bestimmt ein anderes…