Die Köpfe dahinter – Querelen mit den Behörden

Ich habe mich mit drei Gründungsmitgliedern unterhalten. Rolf Heitz (Ehrenmitglied), Heinz Müller (Ehrenmitglied, 1. Reb- und Kellermeister) und Emil Strübin (langjähriger Präsident, Ehrenpräsident). Die Interviews erscheinen in drei Teilen.

Dabei erzählten sie mir vor allem aus der Anfangszeit, aber auch witzige Anekdoten fanden Gehör.

Durch einen Dachstockbrand bei Emil ist quasi das gesamte Suttenberg – Archiv verbrannt. Es existieren noch wenige Dokumente aus vergangener Zeit. Wer aber die Geschichten rund um die Anfänge des Weinbauvereins Suttenberg nicht vergessen hat, sind die Mitglieder, die seit der ersten Stunde mit dabei sind. Gerade die Anfänge waren zermürbend und anstrengend

Querelen um die Bewilligung…
Am 17. Februar 1989 wird in der Probststube im Restaurant Schützenstube in Liestal der Weinbauverein Suttenberg gegründet.

Die zirka 200 Rebstöcke werden im selben Jahr gepflanzt. Ein Jahr später kommen weitere 100 Rebstöcke dazu. Auf dem Landstreifen der Familie Rosenmund wird ein etwas locker beeriger Klon gepflanzt. Dass wir zwei verschiedene Blauburgunder – Trauben – Klons haben, wird beim Herbsten gut ersichtlich. Im Gründungsjahr war der Rebberg also zirka fünf Aren gross, später wird er um drei Aren ergänzt. Heute bewirtschaften wir noch immer die zirka acht Aren grosse Rebfläche.

Die beiden bestockten Parzellen sind im Besitz von Emil.

Damit die Rebstöcke in der Anfangszeit keinen Wassermangel erleiden, werden diese regelmässig von der Feuerwehr Liestal gewässert.

Der erste Ertrag wird im Jahr 1991 geherbstet, es sind 107kg mit einem Mostgewicht von 90° Oechsle. Der erste über die gesamten acht Aren wird ein Jahr später gelesen – 386kg mit 92° Oechsle.

Der Weinbauverein Suttenberg möchte alles korrekt machen und reicht ein entsprechendes Pflanzgesuch bei den Behörden ein.
Das Projekt wird mit der grossen Kelle angerührt und das Gesuch über die gesamte Parzelle Nr. 29 (1‘970m2) zur Aufnahme in den Rebbaukataster, eingereicht. Das Einreichen des Gesuchs erfolgt zeitgleich mit dem Anlegen des Rebberges. Früher war es so, dass unter fünf Aren, für das Reben pflanzen für den Eigengebrauch, kein Gesuch nötig war. Jedoch wollte man es offen lassen, den Rebberg später zu erweitern, was das Gesuch überhaupt nötig machte.

Eine Delegation der Ämter reiste extra an, um einen Augenschein vor Ort vorzunehmen. Die Stimmung von Seite Weinbauverein war ein wenig angespannt, was sich  kurz nach Eintreffen der Gäste als begründet erwies.
Bemängelt wurde in erster Linie der Zaun rundum die Anlage. Der Zaun sei mit 120cm  zu hoch und wäre für Rehe lebensgefährlich. Der Maschendrahtzaun sei auf eine Höhe von 100cm zu reduzieren, dafür dürfte darüber zwei Drähte gespannt werden.
Auch das Maschengitter war den Behörden zu engmaschig. Denn das Gebiet Suttenberg ist beliebt bei Wildtieren, so müssten zum Beispiel die Igel neu einen Umweg marschieren. Dies sind zwei ärgerliche und mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommene Punkte aus der Sitzung mit den Behörden.

Was dann schriftlich folgte war ein weiteres Kuriosum:
Im Schreiben vom Bundesamt für Landwirtschaft vom 17. Dezember 1991 steht geschrieben, dass das Gesuch nicht bewilligt werden kann weil:
„Die fraglichen Parzellen sind kaum nach Süden orientiert und daher nicht unbedingt für den Rebbau geeignet. Die Aufnahme dieser Flächen mit fragwürdiger Eignung in den Rebbaukataster würde unvertretbare weitere Ausdehnungen der Rebbauzone zur Folge haben.“

 „Ausserdem hat das Amt für Ort- und Regionalplanung der kantonalen Bau- und Umweltschutzdirektion die Ablehnung beantragt, weil die Parzellen  Bestandteil eines Hochstammbestandes von regionaler Bedeutung sind.“

Interessanterweise  wurde beim Augenschein vom Bundesamt für Landwirtschaft erwähnt, dass der Südhang von Liestal am zweitmeisten Sonne pro Jahr in der Schweiz geniesst. Von wegen für den Rebbau nicht geeignete Ausrichtung der Parzelle.

Ein Blick auf den Katasterplan mit eingezeichneten Rebflächen um das Jahr 1900 zeigt, dass das Gebiet um das Uetental früher viel mehr Rebflächen aufgewiesen hat.

Rebfläche Uetental um das Jahr 1900

Es war die Reblaus und der falsche Mehltau in den 1960er Jahre die den Liestaler Reben zusetzte und nicht die schlechte Ausrichtung.

Rebfläche Uetental um das Jahr 1960

Liestal war Ende der 80er – Jahre keine offizielle Reben – Gemeinde mehr, was die Aufnahme in den kantonalen Rebbaukataster noch zusätzlich erschwerte. Da wäre es in den Gemeinden Aesch oder Arisdorf wesentlich einfacher gewesen.

Aus den vorliegenden Schreiben geht auch eine Unstimmigkeit zwischen den kantonalen Ämtern hervor.
Im Schreiben vom 05. März 1992 vom Amt für Landwirtschaft Kanton Basel – Landschaft an das Bundesamt für Landwirtschaft hört sich das folgenderweise an, es wird um eine Verlängerung der Frist gebeten:
„Es bestehen innerhalb der kantonalen Verwaltung einige Differenzen bezüglich der Auslegung der geltenden raumplanerischen und landschaftsschützerischen Bestimmungen und somit auch diesbezüglich der Zulässigkeit des Rebberges. Wir möchten die Differenzen zuerst kantonsintern bereinigen, auch unter Einbezug der Gemeinde Liestal.“

Der Weinbauverein Suttenberg rekurriert gegen den Entscheid des Bundesamtes für Landwirtschaft vom Dezember 1991.
Hanspeter Hauri (langjähriger Mitarbeiter in der kantonalen Zentralstelle für Obst und Weinbau) ist meinem Aufruf im letzten Suttenberg – Post gefolgt, alte Geschichte neu aufleben zu lassen und schildert die Begehung der Rekurs – Kommission (zwei Welsche und ein Deutschschweizer Winzer) aus Bern wie folgt.
Hanspeter war nur dabei, weil sein Vorgesetzter – Ernst Schläpfer (Passivmitglied im Weinbauverein Suttenberg) – nicht teilnehmen konnte. Die Kantonale Stelle hatte kein Mitspracherecht, was diesen Rekurs betraf. Als oberste Bewilligungsinstanz war das Bundesamt für Landwirtschaft für solche Bewilligungen zuständig.
An diesem besagten Tag waren vier hängige Rekurse im Baselbiet zu besichtigen, als letztes war der Rebberg Suttenberg an der Reihe. Nach dem Augenschein vor Ort führte Hanspeter die Kommission ins Weinstübli der Kellerei Siebe Dupf in Liestal. Bei einem Glas Wein wurden die Rekurse diskutiert und über ein ja oder nein entschieden. Beim Rekurs Suttenberg haben die beiden Welschen moniert, dass es sich um eine Westlage handelt und dieser Standort somit für eine Erweiterung der Rebflächen nicht geeignet sei. Der Deutschschweizer Winzer (Herr Wetzel aus Ennetbaden, ein guter Rebbauer und Freund von Jakob Kurz vom Tschäpperli) hat sich vehement für die Suttenberger – Rebanlage eingesetzt. Hanspeter weiss noch, als wäre es gestern gewesen, wie Herr Wetzel betonte, dass in der Region Basel solche Westlagen sehr gute Rebanlagen sind und die Kommission die Rebleute deswegen nicht bestrafen dürfe. Er hat die Wirkung seiner Aussage nicht verfehlt und die beiden Welschen Kollegen zu einer Umkehr ihrer Meinung bewegen können. Dieser Tag hat Hanspeter gezeigt, dass die Welschen die Erweiterung der Rebfläche lieber ennet dem Röstigraben bewilligen als in der Deutschschweiz. „Immer wenn ich etwas über den „Suttenberger“ Rebbau höre, kommt mir dieser Tag in den Sinn“, schliesst Hanspeter seine Erinnerung.

Nach dieser Begehung Mitte April 1992 können die Differenzen bereinigt werden. Der Kanton kann einer reduzierten Fläche auf acht Aren eine Aufnahme in den Rebbaukataster gutheissen. Es braucht von Seite Weinbauverein Suttenberg aber noch eine schriftliche Zustimmung an das Bundesamt für Landwirtschaft

Der Weinbauverein Suttenberg bekundet klar seine Absicht, lediglich die bereits mit Reben bestockte Fläche von acht Aren weiterhin zu bewirtschaften und nicht auszudehnen.

Das geänderte Gesuch mit der nötigen Absichtserklärung, wird am 10. Juli 1992 eingereicht.

Am 5. Februar 1993 dann die grosse Erleichterung. Die schriftliche Bewilligung für die acht Aren trifft im Postfach des Weinbauvereins Suttenberg ein.
„Nach Kenntnisnahme des Gutachtens der Eidgenössischen Expertenkommission für den Rebbaukataster haben wir ihr geändertes Gesuch vom 10. Juli 1992 geprüft. Gestützt darauf stellen wir fest, dass die nachstehenden, im genannten Gesuch bezeichneten Parzellen die Bedingungen gemäss Art. 5 des Weinstatuts vom 23.12.1971 erfüllen:
Liestal – Suttenberg – 28/29 (teilweise) – 800m2
Diese bereits mit Reben bepflanzten Fläche wird daher in die Rebbauzone aufgenommen.“

Wie bereits im Schreiben vom 17. Dezember 1991 darf auch in der Bewilligung der Satz über widerrechtlich gepflanzte Reben nicht fehlen.

„Wir machen Sie auf die Artikel 28, 30 und 31 des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1992 über den Rebbau aufmerksam, wonach widerrechtlich gepflanzte Reben entfernt werden müssen und der Fehlbare mit Busse bestraft wird.“

Mit viel Durchhaltewillen und Schweiss wurde anfangs der 90er Jahren dieser Rebberg angelegt. Was mir alle drei Gründungsmitglieder bestätigen, „Wir sind von Anfang an mit Leib und Seele dabei gewesen. Es steckt viel Herzblut dahinter und der Anfang war zermürbend, aber der Aufwand hat sich mehr als gelohnt.

Nicht nur von Seiten der Behörden wurde das Projekt mit Argusaugen beobachtet, sondern auch von einem Fraumätteler. Dieser wusste nichts besseres, als ein Foto von der frisch gemachten Abfahrt zum Eingangstor an der Gemeindeversammlung (Einwohnerrat) zu zeigen, um auf den „Landschaden“ der Rasengittersteine aufmerksam zu machen.
Auch die Stadt Liestal war dem Projekt eher skeptisch gestimmt. Vor allem gegenüber einem Rebhaus. Die Angst, dass „Saufgelage“ stattfinden würden, war da aber natürlich völlig unbegründet. Das ist aber auch der Grund weshalb bis heute „nur“ eine Pergola und kein Rebhaus im Rebberg steht. Frei nach dem Motto „Wehret den Anfängen“.