Auch wenn es sicherlich Grund dazu gäbe, möchte ich im Jahresrückblick nicht Trübsal blasen. Über den Frost und deren Folge wurde schon genug gejammert und berichtet. Ja auch die Ernte war die schlechteste seit dem Jungfernwein 1991. Deshalb ist es an der Zeit, auch auf die schönen Dinge zurückzuschauen.
Zum einen, haben wir zwei neue Geräte (ein Rückennebelbläser und einen Rasenmäher / Mulcher) in Betrieb genommen, zum anderen, 30 neue Rebstöcke gepflanzt. Aber auch das Wetter war nicht einfach nur frostig.
Hervorheben möchte ich auch alle Mitglieder und Mitgliederinnen, die trotz dem „Aprildämpfer“, noch den Weg in den Suttenberg gefunden haben. Wir haben als Verein an einem Strang gezogen und das bestmögliche aus der Situation herausgeholt.
Was ich auch noch anfügen möchte ist, dass wir dieses Jahr den erfolgreichsten Suttenberg – Apéro, anfangs September, durchführen durften.
Schnell wird also klar, dass sich die positiven Ereignisse, die Negativen überwiegen.
Im Detail möchte ich auf meine lernreichsten und prägendsten Erlebnisse eingehen. Beim Schreiben der Einleitung erscheinen Momente des Rebjahr vor meinem geistigen Auge, an denen ich euch nun teilhaben möchte.
Im Februar wird mir das Ausmass vom Spätfrost 2016 klar. Die Auswahl an möglichen Strecker ist minimiert und die Anordnung chaotischer als es in den Lehrbücher steht. Als einmaliges Spätfrostereignis eingestuft, schneiden wir die Rebstöcke ohne Frostruten. Im Nachhinein die richtige, oder sicherlich keine falsche, Entscheidung. Da dieses Jahr sogenannter Hüttenfrost (frostige Temperaturen auch auf +2.00m über dem Boden. Der Name kommt aus der Zeit als die Messgeräte noch in einer sogenannten Wetterhütte untergebracht waren, idealerweise auf 2.00m über dem Boden.) herrschten und nicht nur Bodenfrost (Strahlungskälte).
Die Schneidarbeiten gehen allgemein speditiver von der Hand als noch als Neulinge im Jahr 2016 – was in der Hälfte der Zeit – bedeutete.
Zwei Dinge fallen auf, ohne die Arbeiten aus dem Jahr 2016 in ein falsches Licht zu stellen. Einerseits weisen vereinzelte Fruchtruten stellenweise Narben auf, dies ist auf unsorgfältiges Abreissen der Blätter zurückzuführen. Andererseits wurde versäumt die Fruchtruten senkrecht in die Drahtanlage einzufädeln und zu befestigen, deshalb sind diese Fruchtruten bis zwei Meter lang, diagonal (weiter)gewachsen.


Was wir beim Schneiden ebenfalls in Angriff nahmen, waren das „Köpfen“ vereinzelter Rebstöcke. Durch ein früheres Erziehungssystem hat man die Rebstöcke in die Höhe wachsen lassen und nicht strickt auf den untersten Draht gebunden. Wir waren mutig und haben gewisse Rebstöcke um gute 25cm gekürzt, natürlich nur die, die auf der „richtigen“ Höhe entsprechende Strecker hatten.
Sogar nach den Frostnächten, als wir dachten alles sei verloren, haben wir noch Rebstöcke in der Höhe gestutzt. Nun zeigt sich, dass diese gestutzten Rebstöcke gut überlebt haben (Foto vom 20. November 2017).


Wenn wir in meinem Kopfkino weiterspulen, kommen wir zu den beiden verheerenden Frostnächten. Das letzte Mal war es in den 50er Jahren so kalt. Da wurde im Landrat über eine Entschädigung beraten und die Rede war auch von 100% Ertragsausfall. Wie dann der Ertrag ausgefallen ist, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen.
Mit einem Blick auf die Wetterstation Breitenhof (Sissach, 579.00m.ü.M.), wird einem der Umfang der Temperaturen und die Länge des Kälteeinbruchs deutlich.
Datum | Zeit | Temperatur mittel +200cm ü. Boden (°C) | Temperatur mittel +5cm ü. Boden (°C) |
---|---|---|---|
19.04.17 | 13.00 | +1.1 | -0.3 |
14.00 | +0.8 | -0.7 | |
15.00 | +1.3 | +0.8 | |
16.00 | +0.8 | -0.5 | |
17.00 | +0.5 | -0.6 | |
18.00 | +0.2 | -1.1 | |
19.00 | +0.1 | -1.2 | |
20.00 | +0.4 | -1.6 | |
21.00 | +0.1 | -2.0 | |
22.00 | -0.4 | -2.5 | |
23.00 | -0.8 | -2.8 | |
20.04.17 | 00.00 | -1.5 | -3.6 |
01.00 | -1.7 | -3.7 | |
02.00 | -2.1 | -4.0 | |
03.00 | -2.4 | -4.6 | |
04.00 | -2.6 | -4.5 | |
05.00 | -1.1 | -2.7 | |
06.00 | -0.2 | -0.8 |
Die erste Frostnacht ist über mehrere Stunden bitterkalt. Über diesen Zeitraum hätten auch keine Frostkerzen gehalten (Brenndauer max. 6h). Die Temperaturen fünf Zentimeter über dem Boden blieben über vierzehn! Stunden unter null. Zwei Meter über dem Boden immerhin „nur“ neun Stunden.
Datum | Zeit | Temperatur mittel +200cm ü. Boden (°C) | Temperatur mittel +5cm ü. Boden (°C) |
---|---|---|---|
20.04.2017 | 23.00 | +1.1 | -1.0 |
21.04.2017 | 00.00 | +0.6 | -1.5 |
01.00 | +0.5 | -1.3 | |
02.00 | +0.1 | -1.8 | |
03.00 | -0.6 | -2.3 | |
04.00 | -0.5 | -2.1 |
Die zweite Frostnacht in Folge war dann schon nicht mehr so einschneidend. Der Schaden fiel geringer aus, als in der ersten Frostnacht, was aber logisch ist, weil nicht mehr viel zum Erfrieren vorhanden war.
Nach einer mehrwöchigen Schockstarre treiben dann doch noch Fruchtruten aus, meist leider nicht mehr an den abgebundenen Streckern, sondern aus dem Rebenstockkopf. Wir können wieder Hoffnung schöpfen.
Die Blüte beginnt an Pfingsten (04. Juni 2017) jedoch nicht flächendeckend sondern nur vereinzelt, dies sind wohl Triebe die den Frost besser überstanden haben. Die Blüte zieht sich mehrere Wochen (bis 24. Juni 2017) hin. Die gängige Faustregel, dass 100 Tage nach der Blüte das Herbsten stattfinden soll, erweist sich dieses Jahr als eher schwierig. Bei dieser Blütenzeitlänge kann die Regel nicht greifen. Da vor allem dieses Jahr die Trauben möglichst lang hangen sollen um die verlorene Zeit wieder wett zu machen. So die Gedanken unmittelbar nach dem Frost und der Blüte.
Die Blüte fand aber perfekte Witterungsbedingungen vor, ideale Temperaturen (um + 24°C), wenig Wind und auch kein bis wenig Regen (ca. 25l/m2 in 20 Tagen).
In der Hauptvegetationszeit war es dann in erster Linie wichtig, das Blattwerk zu pflegen und durch die üblichen Spritzungen gesund zu halten. Wie oben erwähnt, haben wir auf die neue Saison einen Rückennebelbläser gekauft. Die Handhabung war komplett neu, wie auch die zu spritzenden Mengen. Rückblicken können wir uns aber glücklich schätzen, trotz neuem Gerät, keinen Pilz eingefangen zu haben. Der Infektionsdruck war dieses Jahr, wegen dem trockenen warmen Jahr, nicht sonderlich hoch, was natürlich ideale Bedingungen waren um sich an das neue Gerät zu gewöhnen.
Wir haben zweimal gegen Botrytis und zehnmal gegen Falschen- resp. Echten Mehltau gespritzt.
Zum Erstaunen sind eine beachtliche Anzahl an Beeren an den Rebstöcken gewachsen und machen zur gewohnten Zeit (Ende August) den Farbumschlag. Werden wir trotz des Jahrhundertfrostes einen passablen Ertrag haben? Wohl kaum, aber träumen soll bekanntlich erlaubt sein.
Ab dem Montieren des Netzes wurden die Arbeiten im Rebberg weniger. Wenn ich dann jeweils durch die Rebenzeilen gegangen bin, war es eine Freude, all die blauen, grossen Traubenbündel zu sehen. Geblendet von der Pracht an den Rebstöcken und dem schönen herbstlichen Wetter, schätzten wir uns glücklich auf der Zielgerade des verrückten Jahres 2017 zu sein.
Mitte September besuchten uns die Weinproduzenten Basel / Solothurn. Eine tolle Erfahrung und Ehrung, dass wir den Dachverband der Weinproduzenten aus der Region, im Suttenberg begrüssen dürfen.
Immer mehr kommt mir zu Ohren, ob es bei uns den wirklich so rosig aussieht? Ob den gefrässige Wildtiere oder vorgeschrittene Fäulnis keine Themen sind? Nein, kann von Glück reden, dass bei uns viel und gesundes Traubengut hängt. Dennoch werde ich stutzig. Aus dem durch die Rebenzeilen stolzieren wird ein kritisches Hinsehen. Schnell wird klar, auch bei uns bammelt nicht nur gesundes, kraftvolles Traubengut. Der Kalender zeigt den 22. September 2017, ist doch irgendwie unmöglich, dass das Rebjahr dem Ende zugeht. Es müsste doch, nach dem späten Auferstehen, alles hinterher hinken. Eine Oechslemessung bringt aber die Gewissheit, dass die Beeren vom Reifegrad bereits im Durchschnitt (um 90° Oechsle) liegen.
Beobachtungen am 22. September 2017 | |
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Kein Ertrag | 20 Rebstöcke |
Vogelfras, komplett leer gefressen | 13 Rebstöcke |
Wenig Ertrag | 10 Rebstöcke |
Mängel / Krankheiten / Fäulnis (sichtbar) | 8 Rebstöcke |
Dann geht es schnell und vier Tage später (27. September 2017) sind die Trauben geherbstet.
2017 | 2016 | 2002 - 2016 | 1991 | ||||
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141kg | 90° Oe | 461kg | 90° Oe | 508kg | 94° Oe | 107kg | 90° Oe |
Der Herbst war eigentlich ein sehr schöner. Viel Sonnenschein mit angenehmen Temperaturen. Wenn nur nicht anfangs September das Wetter so durchzogen, nass – feucht, gewesen wäre, hätte die Qualität, nicht die Quantität, wesentlich besser ausfallen können. Aber es war eigentlich auch befreiend, das missglückte Rebenjahr zu beenden.


Der schöne Herbst zog sich dann in die Länge, die Rebstöcke waren länger als üblich in schönen Herbstfarben zu bestaunen. Als dann am 10. November 2017, seit längerem wieder ausgiebigen Regen fiel, und ein ungemütlicher Wind über den Suttenberg fegte, fielen die letzten Blätter zu Boden. Was dann zum Vorschein kam ist wiederum auf den Spätfrost zurückzuführen. Und zwar konnte die Holzreife nicht an allen Trieben abgeschlossen werden. Stellenweise waren die Triebe noch grün. Die Vegetationszeit war dieses Jahr definitiv zu kurz. Dieses Manko ist kein Grund zur Sorge, bei den Schneidarbeiten im nächsten Jahr, ist der Zustand der möglichen Strecker, aber zu beachten.
Ein Kontrollgang auf Ende November zeigt interessanterweise haben die Rebstöcke nun die nicht verholzten Triebe „abgeworfen“.
Ein Blick auf die folgenden Tabellen zeigt, wie eingangs erwähnt, die Arbeitsmoral und dem Spätfrost nicht gelitten hat. Auch die aufgewendeten Stunden sind in etwa wie in den letzten Jahren. Gewisse Arbeiten fallen auch an, egal ob es viel und wenig Trauben an den Rebstöcken hat.
2014 | 2015 | 2016 | 2017 | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
14 | 6 | 19 | 8 | 26 | 6 | 22 | 6 |
Samstage | HelferInnen | Samstage | HelferInnen | Samstage | HelferInnen | Samstage | HelferInnen |
2017 | 2016 | |
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Diverses | 22.50 | 54.00 |
Rebenpflege | 366.50 | 385.75 |
Arealpflege | 163.00 | 181.00 |
Spritzen | 24.50 | 64.75 |
Total | 576.50 | 685.50 |
In dieser Tabele sieht man, wie die Stunden aufgeteilt sind.
Wie ich anfangs erwähnte war es ein turbulentes, aber rückblickend ein lehrreiches und tolles Rebjahr 2017. Ich bin in diesem Rückblick, obwohl ich es nicht in den Vordergrund stellen wollte, doch immer wieder auf den Spätfrost zurückgefallen, weil es halt doch einschneidend und prägend war. Aber doch möchte ich alle Erfahrungen und Erlebnisse in diesem speziellen Jahr nicht missen. Mein Rucksack ist mit vielen neuen Erkenntnissen und Tipps von Experten und Expertinnen gefüllt. Ich freue mich auf das Rebjahr 2018 mit neuen Ideen.
